Wahl­kampf ist eine merk­wür­di­ge Beschäf­ti­gung. Man erar­bei­tet ein Pro­gramm, sucht Gleich­ge­sinn­te, erstellt eine Lis­te und hängt Pla­ka­te auf. Man schielt nach links und rechts und schaut, was die ande­ren Par­tei­en machen. Man dis­ku­tiert aus­gie­big und ver­spricht viel und weiß, dass man an den Ver­spre­chun­gen gemes­sen wird. Am aller­wich­tigs­ten sind aber die Grund­sät­ze und da haben sich vie­le Par­tei­en auf einen Kodex geei­nigt. Man argu­men­tiert, man ver­tei­digt lei­den­schaft­lich sei­ne Linie, wäscht aber kei­ne schmut­zi­ge Wäsche in der Öffent­lich­keit, aber vor allem, man ver­un­stal­tet- und klaut kei­ne Plakate.

Dies­mal waren wir recht früh mit dem Pla­ka­tie­ren. Wir waren auch recht früh mit unse­ren Kan­di­da­ten­lis­ten, denn wir sind, wegen der Coro­na Pan­de­mie von einer län­ge­ren Brief­wahl­zeit aus­ge­gan­gen. Das ist aber nicht der Fall. Aber es ist, wie es ist. Lie­ber zu früh, als zu spät. Im Vor­feld habe ich mit ande­ren Frak­tio­nen über das Pla­ka­tie­ren gespro­chen. Müs­sen wir so viel pla­ka­tie­ren und was gibt es für Alter­na­ti­ven? Schluss­end­lich ist es an der Angst der Par­tei­en geschei­tert, dass die AfD und die NPD mit ihren Pla­kat­kol­lo­nen dann die gan­ze Stadt voll­kleis­tert und der Ein­druck ent­ste­hen könn­te, es gäbe kei­ne ande­ren Parteien. 



Aber an die Men­schen, die über Pla­ka­te schimp­fen, möch­te ich mal ein paar Wor­te rich­ten. Wir leben in einer Demo­kra­tie, wir haben Ein­fluss auf die Per­so­nen, die uns regie­ren, wir müs­sen uns ent­schei­den und arran­gie­ren. Die­ses Pri­vi­leg haben nicht alle Men­schen auf die­ser Erde. Sie müs­sen Repres­sa­li­en fürch­ten, wenn sie gegen­über den Macht­ha­bern eine ande­re Mei­nung äußern. Jedes Pla­kat, wel­ches bei uns hängt, ist ein Zei­chen der Demo­kra­tie, der Mei­nungs­frei­heit und der Vielfalt.

Ich habe in unse­rer Pres­se­mit­tei­lung geschrie­ben: „Wir schät­zen ande­re, die mit Lei­den­schaft für Zie­le kämp­fen, auch wenn wir nicht unbe­dingt ihre Mei­nung tei­len, ver­tei­di­gen wir ihr Recht, eine eige­ne Mei­nung zu haben. Wir wer­den uns nicht dazu ver­lei­ten las­sen, bil­li­ge Punk­te auf Kos­ten ande­rer Par­tei­en zu erzie­len. Es wird mit uns kei­nen schmut­zi­gen Wahl­kampf geben. Nach der Wahl müs­sen wir gemein­sam und nicht gegen­ein­an­der für eine bes­se­re Zukunft kämp­fen. Wir müs­sen die Men­schen ver­ei­nen, Dif­fe­ren­zen über­win­den, Frem­de begrü­ßen und Freun­de gewin­nen. Es wird kei­nen Frei­fahrt­schein geben, wir wer­den unpo­pu­lä­re Ent­schei­dun­gen tref­fen müs­sen, aber es soll­te jedem klar sein, dass wir uns der Ver­ant­wor­tung stel­len und sie über­neh­men. Das ist unser Job.“

Wir haben weni­ger Pla­ka­te gedruckt als bei der letz­ten Wahl, wesent­lich weni­ger. Und das obwohl die­ses Mal 4 ver­schie­de­ne Wah­len, inkl. der hei­ße Wahl­kampf um den Samt­ge­mein­de­bür­ger­meis­ter, stattfinden. 

Doch jetzt zu mir und dem eigent­li­chen The­ma. Ich kan­di­die­re die­ses Mal für den Kreis­tag als Spit­zen­kan­di­dat in Qua­ken­brück. Des­we­gen bin ich auf dem Bau­zaun-Ban­ner mit den ande­ren Spit­zen-Kan­di­da­ten zu sehen. Oder aber auch nicht zu sehen…!

Auf zwei unse­rer Ban­ner wur­de ich fein­säu­ber­lich abge­trennt und von den eigent­lich 4 Kan­di­da­ten, sind nur noch 3 zu sehen. Da auch meh­re­re mei­ner Pla­ka­te ent­wen­det wur­den, gab mir das zu den­ken. Das ist kein Van­da­lis­mus, denn das ist bewusst so abge­schnit­ten wor­den. Es ist kein Müll hin­ter­las­sen wor­den, alles ist mit­ge­nom­men wor­den: abge­schnit­te­ne Tei­le der Ban­ner und sogar die durch­trenn­ten Kabel­bin­der. Dazu kommt der Dieb­stahl von min­des­tens 6 Pla­ka­ten, die an den Stra­ßen­la­ter­nen gehan­gen haben. An eini­gen Stel­len hän­gen nun Pla­ka­te ande­rer Par­tei­en und an den Stel­len, wo es mög­lich war, haben wir die Pla­ka­te ersetzt. Aber die Ban­ner-Geschich­te bleibt rätselhaft. 

So stel­le ich mir die Fra­gen: Hat man was gegen mich? Oder gegen Eng­län­der? Haben die Täter das EM-Spiel nicht ver­daut? Oder passt ihnen mei­ne Posi­ti­on in der Poli­tik nicht? Habe ich jeman­den ver­är­gert? Oder habe ich einen heim­li­chen Ver­eh­rer, der mich zwei­mal (war­um über­haupt nur zwei­mal, es gibt 4 Ban­ner?) über sein Bett kle­ben möch­te? Also dann wür­de ich mir mehr Sor­gen machen…! 

So leicht bin ich nicht ein­zu­schüch­tern, aber den­noch stimmt mich so etwas trau­rig. Wer sich ehren­amt­lich enga­giert dient einer höhe­ren Auf­ga­be. Es geht nicht um Ego oder Gier, es geht um eine Zukunft für die eige­ne Stadt. Wie wol­len wir jun­ge Men­schen moti­vie­ren, wenn sol­che Ver­un­glimp­fun­gen mög­lich sind? Also steht auf, lasst Euch nicht beein­flus­sen und mischt Euch ein. Geht wäh­len, damit über­nimmt Ihr auch ein Stück Ver­ant­wor­tung und könnt mitreden. 

Inzwi­schen gab es auch ein NOZ-Bericht dazu:
Kopf­los im Wahlkampf

Text: Bob Gid­dens / Fotos: Det­lef Bülow

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