Kommunalpolitik und die Beschlüsse des Rates sind für Außenstehende manchmal sehr unverständlich, aber vielleicht wird durch diesen Bericht, wenigstens in einer Sache einiges verständlicher. Zu den wichtigsten Rechten der Gemeindevertreter*innen gehört sicher das Recht auf rechtzeitige und umfassende Information durch die Verwaltung, denn hier werden Anträge eingereicht. Ratsmitgliedern sind alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um das Kontrollrecht
ausüben und eine am Gemeinwohl orientierte, unabhängige Entscheidung in der Sache treffen zu können. Ratsmitglieder müssen sich eben zu allen Vorgängen und Sachverhalten ein eigenes Bild machen können! Dabei kann es durchaus zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen Antragsteller, Verwaltung und Rat kommen, ob die zur Verfügung gestellten Informationen ausreichen. Verlangen Ratsmitglieder zusätzliche Unterlagen, so sind diese von der Gemeindeverwaltung oder vom Antragsteller zugänglich zu machen.
Gerade bei dem Bauprojekt auf dem Mühlenhof war von Anfang an der Wurm drin. Die Verwaltung wollte die Bebauung schnell durch den Rat drücken und einen positiven Beschluss erwirken, sie stieß allerdings bei den Ratsmitgliedern, bereits in der ersten Sitzung auf heftige Gegenwehr, da diese über unzureichende Information klagten und den Bebauungsplan an dieser Stelle für überzogen hielten. Um sich also ein besseres Bild machen zu können, veranlasste der Rat per Beschluss um Ergänzung der fehlenden Information und um die Erstellung eines Modells, das darstellen sollte, wie sich die Bebauung in das bestehende Umfeld einfügen wird.
An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass es uns keineswegs darum geht, dass wir alles verhindern wollen. Gerade bei Bauprojekten gibt es oft eine einheitliche Begeisterung aller Parteien. Doch über die Details stolpert man oft erst in der Diskussion. Themen wie ökologisch, städtebauliche, energetisch werden häufig durcheinandergewirbelt. Es gibt halt zu wenige Fachleute, wie Architekten / Städteplaner im Rat. Dazu kommt noch eine Verwaltung, die gerne Themen an sich reißt und unter dem Mantel des Schweigens manche Fakten „durchsetzen“ will. In diesem Fall gab es in mehreren Sitzungen immer wieder Anfragen des Bauausschusses an die Verwaltung über Pläne, das fehlende Modell und wie Rettungsfahrzeuge auf das bebaute Gelände gelangen sollen. Auch verlangte der Rat mehrfach mit dem Architekten zu sprechen, um hier eine Klärung zu erzielen. Da die Verwaltung die Forderungen des Rates nicht erfüllte, lehnte der Bauausschuss schließlich mehrheitlich ab. Und siehe da, schon 3 Tage nach dem negativen Beschluss wurden einige Ratsmitglieder von der Verwaltung zu einem Gespräch mit dem Architekten und der Artländer Melioration in das Rathaus zitiert.
Unterdessen gab es eine Bewegung gegen die Bebauung aus dem Volke. Dieses wäre nicht zustande gekommen, wenn es nicht die Konflikte im Rat gegeben hätte. Dann stünde da bereits die Tiefgarage bevor jemand gemerkt hätte, was hier geplant ist. Während der archäologischen Grabung wurde allerdings vielen von uns bewusst, dass dieser historische Platz ein wesentlicher Mosaikstein ist, der zu der Gründungsgeschichte unserer Stadt beiträgt und dass wir Verantwortung für unsere Historie übernehmen müssen. Als dann noch die Petition anlief, kam vieles zusammen. Wir haben in der SPD das Thema sehr heiß diskutiert mit Befürwortern und Gegnern des Projektes. Nachdem sich unser Samtgemeindebürgermeisterkandidat Michael Bürgel in dieses Thema eingelesen hatte, hat auch er hierzu Stellung bezogen. Seine Meinung kann jeder in einem Artikel in der Sommer-Ausgabe der MQ-Zeitschrift nachlesen. Am Ende war es aber jedem in der SPD Fraktion klar: Wir sind gegen die geplante Bebauung des Mühlenhofes. Wir sind für eine touristische Nutzung dieser Fläche. Wir wollen den Mühlenkolk wiederaufbauen, dass Haseufer begehbar machen, die „Grüne Lunge“ verteidigen und ausbauen. Wir wollen harmonisches Leben in die Stadt zurückholen.
Das was sich wie „Chaos“ anhört ist ein normaler Werdegang in der Kommunalpolitik. Hätte die Verwaltung die Forderungen des Rates erfüllt, wären wir besser und eher informiert gewesen und hätten die klärenden Gespräche von Anfang an stattgefunden, dann wäre es einfacher zu entscheiden gewesen. Man kann ohne sich viel Gedanken zu machen als ungeübter Kommunalpolitiker immer der Verwaltung Recht geben und bei der Abstimmung schön brav die Hand hochhalten. Nach dem Motto: „Wird schon seine Richtigkeit haben“. ODER, man erforscht mehr Wissen, indem man Spezialisten zu dem Thema befragt. Man hinterfragt, bohrt nach und lässt nicht locker! Aber das braucht Zeit, dann kann aber auch ein Projekt wie der Mühlenhof eine solche Wende bekommen.
Dieses Bauvorhaben hat bei vielen von uns in der SPD für Kopfschmerzen gesorgt. Natürlich sind wir für die Schaffung von „bezahlbaren Wohnraum“, aber hier sollte einem teuren, elitären Bauvorhaben auf einem historischen Platz zugestimmt werden. Ein Bauvorhaben, welches durch die Räte „durchgedrückt“ werden sollte. Einer der Schlüssel-Sätze, die bei uns für die Meinungsänderung gesorgt hat, war der Satz des Sprechers der Melioration: „Was habt Ihr gegen das Vorhaben? Es ist alles mit dem Rathaus abgesprochen.“ In diesem Moment wussten viele von uns, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Denn eigentlich ist es ja so, dass der Rat beschließt und die Verwaltung ausführt und nicht umgekehrt.
Wir beneiden dann Kollegen, wie Detlef oder die Fraktion der Grünen, die immer gegen das Bauvorhaben gestimmt haben und wir sind diesen Kollegen auch dankbar, weil durch ihre Hartnäckigkeit konnten wir unsere Meinung revidieren. Es hat bei dem Einen oder Anderen von uns etwas länger gedauert, aber wir sind trotzdem am Ziel angekommen und haben uns entschlossen, dass wir von der SPD diesem Bauvorhaben nicht mehr zustimmen werden.
Um solchen Aufgaben als Ratsmitglied gerecht zu werden, ist es wichtig Entscheidungen unabhängig treffen zu können. Da sind Aussagen und das Verhalten von Herrn Wierper, in dem von Herrn Geers geschriebenen Artikel (Kreisblatt, 19. August 21) eher kontraproduktiv. Auch der dazugehörige Kommentar von Herrn Geers ist hier eher zweckwidrig. „Einen guten Journalisten erkennt man doch daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“ Das Zitat des legendären Tagesthemen-Moderators Hanns-Joachim Friedrichs prägt die Arbeit vieler Journalistinnen und Journalisten. Herr Geers hätte hier neutral bleiben müssen. Er hätte objektiv berichten müssen, sodass seine Leserschaft ihre eigenen Schlüsse daraus hätte ziehen können.
Bei dem Bau am Mühlenhof gab es drei Argumentationen:
1. Wir brauchen dieses Investment in der Stadt – ist eine deutliche Position, die man nachvollziehen kann.
2. Wir sollten das Haseufer schützen und die Häuser nicht so nah zusammensetzen. Also Argumente gegen den Bauplan selbst. Hierzu kamen zurecht die Bemerkungen der Grünen zu dem Photovoltaik-Thema.
3. Die dritte Argumentation kam später dazu. Zuerst fand man Reste der Sägemühle und der Uferbefestigung des Kolks. Da kam der Gedanke, ob man so einen historischen Platz überhaupt noch bebaut.
Hier ein Auszug aus der Pressemitteilung der SPD Fraktion:
Unseres Erachtens gehört diese Fläche zu einem der historisch wertvollsten Plätze und zur Gründungsgeschichte der Stadt Quakenbrück. Wir sind der Meinung dieses zu berücksichtigen und Sorge dafür zu tragen, dass solch historisch wertvolle Plätze für die Zukunft erhalten werden müssen. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie soll überprüft werden, ob an dieser Stelle der ursprüngliche Mühlenkolk nachgebaut werden kann. Mit dieser Maßnahme würde man auch die „grüne Lunge“ der Stadt Quakenbrück nachhaltig verbessern und zudem das beteiligte Programm „Aufwertung Stadtgrün“ nachhaltig unterstützen. Dieses hätte für Quakenbrück eine nachhaltige touristische Aufwertung zur Folge. Finanzieren könnte man das Projekt über die Fördermittel des Programmes „Perspektive Innenstadt“. Die derzeit laufende Petition mit über 1200 Unterschriften lässt erkennen, dass seitens der Bevölkerung der Wunsch nach einer anderen Nutzung besteht. Es müssen nun weitere Gespräche mit der Artländer Melioration geführt werden, um eine für beide Seiten vertretbare Lösung zu finden.
Text Bob Giddens — Fotos: Jakob Neuberger und Detlef Bülow