Politiker sind oftmals gefangen in der Machbarkeit der Dinge. Die augenblickliche Haushaltssperre und die düsteren Aussichten auf vielen Ebenen zeichnet sich für viele eine eher unsichere Zukunft ab. ABER dennoch haben wir die Möglichkeit über den Horizont hinaus zu schauen.
Grundsätzlich neigen viele dazu, nur in einem kurzen, einfach zu überschauenden Zeitrahmen zu denken. Wir gehören nicht zu ihnen.
Eine Politik ohne Visionen ist uns zu kurz gedacht. Wir wollen Möglichkeiten aufzeigen, Pläne entwickeln und
erstellen, auch wenn diese sich nicht in einer einzigen Legislaturperiode verwirklichen lassen. Wir wollen aber auch andere davon überzeugen, dass Politik Perspektiven für die Zukunft bietet und sie auf unserem Weg mitnehmen.
Aber bevor es in die Zukunft geht, gibt es eine Rückschau. Die Fa. Kynast war einer der bedeutendsten wirtschaftlichen Faktoren in der Quakenbrücker Nachkriegszeit. Bis zu 2.500 Mitarbeiter*innen haben hier gearbeitet, ihr Geld verdient und die von ihnen produzierten Fahrräder wurden in der ganzen Welt gefahren.
Das ist zugegeben schon lange her. Allerdings sind die Werkshallen noch da, die letztendlich nach der Insolvenz der Fa. Kynast Steel, zum Grossteil leerstehen. Dennoch handelt es sich um ein spannendes Gelände mit vielen interessanten Gebäuden, die viele Erinnerungen und Geschichten der ehemaligen Mitarbeiter in den Hallen, Treppenhäusern, Fahrstühlen, Kellerräumen usw., beinhalten.
Wir als Kommunalpolitiker sind gefordert, uns auch mit solch schwierigen Problemen auseinanderzusetzen. Also, wie soll eine zukünftige Nutzung aussehen? Es gab im Rat einen Arbeitskreis der speziell dieses Thema bearbeiten sollte. Detlef und Bob waren als ehemalige Kynast-Mitarbeiter, genau wie Heinrich Bley hierzu gefragt. Die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen gestaltete sich als sehr positiv und nach vielen Gesprächen sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass die Stadt das komplette, sich in der Insolvenz befindliche Gelände kaufen und vermarkten solle. Es gab von Anfang Anfragen einiger, interessierter Firmen, die Teillösungen bevorzugen. Damit wurde die Grundlage für eine positive Perspektive bezüglich des Projektes gelegt.
Problematisch bleiben, die vom Brand beschädigten Gebäude, Richtung Teilungsweg. Nun geht es um einen Plan für die Umnutzung diesen Teils der ehemaligen Fabrik. Wir wollen aber auch umwelttechnisch sichergehen, dass alle Gefahren, die aus Altlasten resultieren könnten, ausgeräumt werden.
Wir waren am Montag, dem 19.07.2021 mit einer Gruppe der neuen SPD-Mannschaft zu Besuch in den Kynast-Hallen. Mit dabei waren auch Matthias Schenk, als vom Insolvenzverwalter eingesetzter Hausmeister, der uns alle Räumlichkeiten zugänglich gemacht hat und einiges dazu erklären konnte, und Michael Bürgel, unser Samtgemeindebürgermeister-Kandidat, der ein Förderungsexperte ist und kennt sich sehr gut mit den Modalitäten für förderfähige Projekte aus.
Detlef Bülow hat einen Plan entworfen, wie eine mögliche spätere Nutzung aussehen könnte. Es gibt zwei historisch wichtige Gebäude, die auf jeden Fall erhalten bleiben sollten. Zu einen die zentral stehende, alte Motorenhalle, die noch aus der Flugplatzbebauung des Dritten Reiches stammt. Durch ihre Grösse — kleiner als die Artland Arena — und Höhe, resultierend aus der Betonkonstruktion, würde sie Platz bieten für kleinere Konzerte, Theater, größere Feiern oder Messen und wäre somit perfekt für eine der Stadt angemessenen Veranstaltungshalle. Nichts ist unangenehmer als eine grosse Halle, die nur zu Hälfte gefüllt ist…
Zum anderen das davor stehende, dreistöckige Gebäude, dessen Gestaltung lt. Aussage von Architekt Olaf Dunze eindeutig Parallelen zu den FAGUS-Werken in Alfeld, aufweisst — einem der exemplarischen Projekten des Bauhauses. Aufgrund der Konstruktion und der Fassadengestaltung bieten die Räumlichkeiten dieses Gebäudes — entsprechend der Grundsätze des Bauhauses — viel Licht und Luft (Platz) und dieses findet man am Teilungsweg in Quakenbrück.
Neben dem Zugang mit erforderlichem Eingangsbereich zu der o. g. Halle könnte durch die offene Struktur des Gebäudes, gerade in den Obergeschossen, Platz für Co-Working-Spaces, genutzt von Freiberuflern und Start-Ups , aber auch Galerien, Kaffees, von der Stadt zur Verfügung gestellt werden. Gleiches gilt auch für einige, autarke Abteilungen des Krankenhaus, dessen Platzangebot mittlerweile sehr eingeschränkt ist.
Der gesamte Bereich wäre somit ein weitere Anlaufpunkt neben dem Hotel Velo an unserem SPD-Radweg vom Europa-Quartier zum Industriegebiet Dieses Industriegebiet hat zum grossen Teil die Geschichte Quakenbrücks geprägt. Und diesen Teil der Industriegeschichte gilt es zu bewahren. Es ist nicht alles erhaltungswürdig und einige Teile müssen zwingend zurückgebaut werden, um den ‘Highlights’ — entsprechend der Vorgehensweise mit der Industriearchitektur im Ruhrgebiet seit 30 Jahren — Platz zu geben und sie mit neuen Inhalten zu füllen.
Wir sind nicht so naiv zu denken, dass alles schnell erledigt wird, und wir wissen dass es erheblicher finanzieller Mittel bedarf, aber wir haben Zeit. Aber Ziel sollte eine zukunftsorientierte, nachhaltige Entwicklung des Geländes und somit auch der Neustadt sein. Es geht um Arbeitsplätze, es geht um einen der Zündfunken zur Aufwertung der Neustadt. Und es geht um ein wenig Spinnerei…
Wir sind dabei. Wir haben die Phantasie hierzu. Wir haben Visionen.
Text: Bob Giddens — Fotos: Detlef Bülow